Was du über Hebammen wissen solltest – Interview mit Hebamme Marianne Mayer

Hebamme mit schwangeren Frau
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Warum eine Hebamme? Was du über die Betreuung der Hebamme wissen solltest

Anlässlich des Hebammentages am 5. Mai hatten wir die große Freude ein Interview mit Marianne Mayer führen zu dürfen. Marianne Mayer ist Hebamme und Leiterin des Österreichischen Hebammengremium. Das Hebammengremium ist die gesetzliche Standesvertretung aller in Österreich tätigen Hebammen. Was wir im Interview erfahren haben und welche Bedeutung der Beruf der Hebamme eigentlich hat erzählen wir dir hier…

Marianne, was denkst Du, wie hat sich der Beruf der Hebamme in den letzten Jahren entwickelt?

Der Beruf oder nennen wir es eher die Berufung der Hebamme hat sich sehr verändert. Gerade was die Ausbildung betrifft haben wir einen großen Schritt gemacht. Heute können junge Menschen den Beruf der Hebamme an einer Fachhochschule studieren. Die wissenschaftliche Ausbildung ist damit in den Vordergrund gerückt.

Was sich aber ganz besonders verändert hat ist die Betreuung durch eine Hebamme. Was viele Frauen nämlich nicht wissen ist, dass eine Hebamme dich nicht nur durch die Geburt, also im Kreissaal begleitet, sondern schon von Beginn der Schwangerschaft mit dabei ist und dich auch danach bis ins Wochenbett begleitet, wenn die Frau das möchte. Für mich ist es gerade das, was den Beruf so schön macht.

„Hebammen geben Frauen Sicherheit, sie sind eine  Ansprechperson für Frauen in einer so wichtigen Zeit und lernen die angehenden Mütter meist auch sehr gut kennen.“

Du denkst also viele Frauen wissen gar nicht welche Betreuung sie durch eine Hebamme bekommen können?

Aus meiner Erfahrung kennt der Großteil der Frauen die Hebamme bei der Geburt nicht. Vor allem bei der ersten Schwangerschaft wird zur Geburt meist einfach die Hebamme hinzugezogen, die gerade im Dienst ist. Es ist schade, denn eigentlich könnte man sich die Hebamme doch selbst aussuchen und von ihr begleitet werden.

Meist beharrt man dann ab der 2. Schwangerschaft auf der eigenen Hebamme *lacht* dann weiß man meistens auch schon warum.  Es ist einfach vertrauter. 🙂

Was auch besonders ist: Es MUSS zu jeder Geburt eine Hebamme hinzugezogen werden. Der Arzt hingegen muss nur dann geholt werden, wenn es die Grenzen der Physiologie überschreitet. Das steht sogar im Hebammengesetz.

Wie meinst Du erfährt eine Frau dann, dass sie eine Hebamme braucht? Wann kommt sie zum ersten Mal in Kontakt mit einer Hebamme?

Seit 2013 ist das erste Beratungsgespräch mit der Hebamme gratis. Der Mutter-Kind-Pass weißt darauf hin. Meist ist damit der Erstkontakt geschaffen. Wir, vom Hebammengremium, machen aber auch einiges, um Frauen die Wichtigkeit einer Hebamme näher zu bringen. Zuletzt hatten wir eine Plakataktion.

WICHTIG: Was man allerdings nicht vergessen sollte ist, dass die Schwangerschaft nicht ausschließlich über eine Hebamme begleitet werden kann.

„Die Einbindung eines Gynäkologen ist Bedingung, um danach das Kinderbetreuungsgeld beziehen zu können.“

Wie sieht es mit den Kosten für die Hebamme aus? Welche Kosten zahlt die Krankenkassa?

Wie schon erwähnt ist das erste Beratungsgespräch mit der Hebamme laut Mutter-Kind-Pass gratis. Danach hat man die Hebammenkosten innerhalb der Schwangerschaft selbst zu tragen. Pro Hebammenordination oder Hausbesuch kann mit etwa 80-100 Euro gerechnet werden. Aber, wenn man weiß, was für eine Wirkung eine Hebamme hat, dann investiert man das Geld auch gerne! Da gibt man es auch lieber aus, als für ein „Stückl G’wand“ *lacht* 🙂

Im Wochenbett bekommt man dann Geld von der Krankenkasse zurück. (80%)!

Was denkst Du, wie oft sollte eine Hebamme nach der Schwangerschaft kommen?

Aus meiner Erfahrung kann ich sagen, dass gerade die ersten 5 Tage nach der Geburt enorm wichtig sind. Mütter haben dann sehr viele Fragen, außerdem befassen sie sich zum ersten Mal mit dem Stillen und natürlich dem Thema Rückbildung.  Da kann eine Hebamme sehr unterstützend zur Seite stehen.

Wie lange meinst Du sollten Frauen nach der Schwangerschaft Ruhe geben?

Wichtig ist zu aller erst, dass Frauen auch das Verständnis haben sich selbst, nach der Geburt, Zeit zu geben. Meine persönliche Meinung ist: 10-14 Tage absolute Ruhe. In dieser Zeit lernt die Mutter ihr Kind kennen, sie schafft eine Verbindung zu ihrem Kind und kann sich in der neuen Rolle als Mutter finden. Auch sollten während dieser Zeit nicht allzu viele Besuche empfangen werden. Schön ist natürlich, wenn der Partner auch dabei ist. Kurze Spaziergänge können zwischendurch aber dennoch nicht schaden, um den Kreislauf in Schwung zu bringen 😉

Gibt es genügend Hebammen – oder herrscht ein Mangel? Gibt es viel Interesse diese Berufung zu erlenen?

Der Ansturm auf die Fachhochschulen ist immens. In Wien zum Beispiel gibt es jährlich ca. 30 Plätze, wofür sich 600 Personen bewerben. Hätte ich einen Wunsch an dieser Stelle, dann wäre es, dass die Bundesländer den Hebammenberuf mehr unterstützen und mehr Ausbildungsplätze zur Verfügung stellen. Der Andrang ist ja groß und irgendwann wird es einen Mangel geben. Wichtig wäre, dass sich die Bundesländer gleich damit beschäftigen, um nicht in etwa 10 Jahren vor dem Problem zu stehen nicht genügend Hebammen zu haben.

Gibt es mehr freiberufliche oder angestellte Hebammen?

Mehr als die Hälfte der Hebammen arbeiten freiberuflich. Es gibt viele die rein frei praktizierend sind. Der Großteil verbindet aber das das Freiberufliche mit der Anstellung im Krankenhaus.

Was bringt die Zukunft der Hebamme im Sinne der Digitalisierung? Hebammen, die z.B. über Skype beraten – geht das?

Oh nein, das geht meiner Meinung nach nicht. Der Beruf der Hebamme ist aufsuchend und so niederschwellig wie möglich im Zugang. Gerade dadurch, dass ich die Frau zuhause besuche, lerne ich doch ihre Umgebung und vor allem ihre Bedürfnisse kennen. Ich bekomme dadurch viel mehr mit als, wenn ich das Ganze nur verbal z.B. über Skype machen würde. Eine Hebamme möchte die Frau wirklich kennenlernen. Dennoch ist Digitalisierung auch für Hebammen gut, etwa für die Dokumentation.

Gibt es etwas, das Du unseren Müttern von welovefamily in Sachen Vorbereitung – Geburt – Mutterschaft auf den Weg geben willst?

  „bitte besucht einen Geburtsvorbereitungskurs.“

Es hilft wirklich, um sich selbst vorzubereiten und, um zu wissen, wie man mit der Situation, bald Mutter zu sein, umgehen soll.

Außerdem hilft es einer Frau zu erfahren, was ihre Selbstkompetenz ist und, wie stark sie ist, denn sie selbst ist es ja, die vor der Geburt steht.

Wichtig finde ich auch, dass eine schwangere Frau sich ein Netzwerk für die Zeit nach der Geburt organisiert. Im Wochenbett wäre es gut Leute zu haben, die einen unterstützen, sei es beim Kochen oder Putzen etc.. So kann die frisch gebackene Mutter die Zeit genießen und ihr Kind wirklich kennenlernen.

 

**Danke an Marianne Mayer für das nette Interview.** 

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