„Das verstehst du erst, wenn du Kinder hast“

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Ich weiß gar nicht, wie oft ich diesen Satz von meiner Mutter gehört habe. Er ging mir so unglaublich auf die Nerven. Als dann ein paar meiner Freundinnen schwanger wurden, verlagerten sich unsere Treffen automatisch vom Kaffeehaus auf den Spielplatz und ich lernte ein Phänomen kennen, von dessen Existenz kinderlose Menschen nur vom Hörensagen etwas ahnen können: Der Spielplatz-Mafia. Ich gehörte nicht dazu, klar, ich hatte ja auch kein Kind. Ich wurde nicht einmal angenommen, ich wurde toleriert. Gerade noch, weil ich die Freundin eines Mafia-Mitgliedes war.

Damals habe ich mich über die eigenartigen Gespräche über Windelinhalte, den verschiedenen Stadien des Zahnens vom Sabbern, bis zum Durchscheinen, dem angeschwollenen Zahnfleisch bis zum Zahndurchbruch, den erfolglos probierten Tricks, sich möglichst geräuschlos aus dem Zimmer zu schleichen, nur gewundert. Ob sie erfolglos waren weiß ich nicht, die Augenringe ließen darauf schließen. Doch ich habe schnell gelernt, meinen Mund zu halten und zu lauschen, denn kaum war ich verlegen meinen „Senf“ dazuzugeben oder mich vielleicht zu wundern, wie man sich einen ganzen Nachmittag nur über seine Kinder, die gerade mal ein paar Monate alt sind, unterhalten kann, kam mir wieder mein Lieblingssatz entgegen: Das verstehst du erst, wenn du Kinder hast.

Pff. So ein Blödsinn dachte ich mir. Wieso sollte ich mich nicht in Situationen einfühlen können, die ich so nicht erlebt habe?

Es brauchte gar nicht viele Jahre Mama-Sein um zu erkennen, dass ein paar Sachen doch stimmten und ja, wer es nicht erlebt hat, wer nicht mittendrin war, wer nicht nächtelang sein schreiendes Baby herumgetragen hat, die Folgen des Schlafentzuges kennenlernte, weiß es nicht.

 

„Das verstehst du erst, wenn du Kinder hast“ – Mein Vor-Geburts-Ich

Geburt: Was haben Hypno-Birthing, Yoga, Wahlhebamme, Geburtshaus, Akupunktur und Geburtsvorbereitung denn bitte schön mit mir zu tun? Glaubt ihr wirklich, ich bin so verrückt und entbinde zu Hause? Oder gehe gleich nach der Geburt nach Hause? Nein, ich gehe schön ins Krankenhaus, bleibe dort 3 Tage und lasse mir zeigen, wie ich das mit meinem Baby richtig mache. So, wie es sich gehört.

Stillen: Bitte, was die alle für einen Hype ums Stillen machen: Da diskutiert man über die perfekte Creme zur Brustwarzenpflege, welche Stilleinlagen am angenehmsten sind, wie man am besten bei einem Milchstau stillt und wie es mit dem Abpumpen im Notfall am besten klappt. Also bevor ich das mache, nein danke. Es gibt ja bequemere Alternativen.

Beikost: Wie wird Brei richtig zu bereitet, wann ist das Baby bereit oder ist doch Baby-Led-Weaning (also auf Deutsch: breifrei) besser? Ehrlich liebe Mütter: Eure Kinder haben Hunger. Gebt ihnen etwas zu essen. Aber macht keine Wissenschaft daraus.

Die ganze Welt dreht sich um dich: Nein, zur Spielplatz-Mafia möchte ich nicht gehören. Ich werde ein Kind haben, vielleicht auch zwei, aber es wird sich nicht alles um meinen Konstantin-Noah, Laurin-Thorben oder Maximilian-Jan-Friedrich drehen. Es gibt ein Leben ohne mein Kind und es wird auch lernen, zu warten.

Interesse für mein Kind: Wieso kommen Mütter auf die Idee, dass sich jeder brennend für ihr Kind interessiert? Warum glauben Mütter, ihr Kind ständig vorführen zu müssen, zu präsentieren und zu zeigen, wie toll sie doch als Mama sind? Mich interessiert es nicht die Bohne, ob sich das Kind schon drehen kann, krabbeln kann oder schon wieder mal mit dem Hinterkopf auf den Boden geknallt ist – ich meine, ich kann schon laufen, das interessiert nur niemanden mehr.

 

Jetzt bin ich Mutter und muss sagen: Ich verstehe es. Ich kann nun den Stolz nachvollziehen, den Mütter empfinden, wenn sich das Kind das erste Mal dreht, das erste Mal krabbelt, das erste Mal sitzt oder das erste Wort sagt. Ich kann heute verstehen, warum man sich durch zig Bücher zum Thema Ernährung liest, Schlafratgeber nach dem Patentrezept durchsucht und Augenringe wie eine hohe Auszeichnung durch den Bundespräsidenten trägt. Heute bin ich Mutter und muss eingestehen: Ja, manches versteht man wirklich erst, wenn man ein Kind hat.

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