Augen auf beim Spielzeugkauf

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Frei nach Tucholsky: Spielzeug darf alles. Grell. Laut. Bunt. Künstlich. Spielzeug darf so sein, die Frage ist nur, ob es so sein muss. In einem Kinderleben gibt es nichts Wichtigeres als spielen. Spielen ist Lernen. Kinder spielen mit allem, was ihnen in die Hände kommt: Ob es Steine, Kastanien oder Stöcke sind, Schaukelpferde mit Wieherfunktion, sprechende Puppen, Laserschwerter, Drohnen und Lerncomputer. Kinder spielen mit Sachen, die ihnen angeboten werden. Ein Grund mehr also genauer hinzuschauen und zu sortieren.

Augen auf beim Spielzeugkauf

Sicherheit

Sicherheit hat beim Spielzeug oberste Priorität. Wenn das Spielzeug aus Stoffen und Materialien besteht, die dem Kind schaden können, dann sollte es nicht gekauft werden. Immer wieder Schocken Test die Eltern, wie hoch die gesundheitsgefährdende Schadstoffbelastung in den Spielzeugen ist: Blei, Nickel, Formaldehyd, Phthalate und Weichmacher – und das nicht nur in den Produkten von Fernost. Die EU hat die Richtlinien zwar verstärkt, doch über Flohmärkte und das Internet landen immer noch Spielzeuge in den Kinderzimmern, die eher für die Giftmülldeponie passend wären. Ein paar Labels bieten Orientierung:

  • GS: Geprüfte Sicherheit. Dieses Produkt wurde von einer unabhängigen Prüfstelle getestet.
  • CE: Dieses Spielzeug hat die EU-Richtlinie eingehalten. Ein Verkauf von CE-Kennzeichnung ist nicht erlaubt.
  • TÜV: Dieses Siegel garantiert, dass die EU-Norm erfüllt und kein Chemikaliengrenzwert überschritten wurde.
  • Textiles Vertrauen: Dieses Siegel garantiert, dass das Kuscheltier frei von Giften ist.

Entwicklung

Womit Kinder spielen, hängt von ihrem Entwicklungsstand und den Interessen ab. Jedes Alter hat seine eigenen Anforderungen und Fertigkeiten, die das Kind im Spiel üben kann.

0-2 Jahre: Im Mittelpunkt steht das Entdecken des Körpers und seiner Umgebung: Alles was Geräusche macht, knistert, eine unterschiedliche Haptik hat, was gestapelt, gerollt, gezogen, geschoben werden kann, eine Puppe zum Kuscheln, ein Schmusetier, ein Ball, ein Sandkübel für Schüttexperimente ist interessant.

2-7 Jahre: Jetzt geht es um Fantasiewelten, um Rollenspiel, um die eigenen körperlichen Fähigkeiten, um Bewegung, um das Erleben als eigenständige Person, um Merkfähigkeit, um Interaktion mit Freunden und darum, sich in jemand anderen hineinversetzen zu können.

7-12 Jahre: Im Vordergrund der Entwicklung stehen Lesen, Schreiben, Rechnen, Wettbewerbe, sich messen, Geschicklichkeit, Leistung, moralische Werte, Bewegung, gewinnen und verlieren, Spiele mit Regeln, Experimente etc.

Lernen

Eltern wissen heute, dass es Zeitfenster gibt, die sich schließen – also gilt es, Bildungschancen zu nutzen! Eltern haben die Angst, ihr Kind könnte später mal am globalen Markt abgehängt werden, wenn diese Zeitfenster nicht genutzt werden. Diese Angst spiegelt sich im Kinderzimmer wider: Lerntabletts für Kinder ab 2 Jahren, Zählen lernen, Englisch lernen, die ersten Buchstaben – es gibt nichts, was nicht gefördert wird. Schlimm? Nein, solange das Kind daran Spaß und Freude hat ist es egal, womit sie spielen. Wenn sie nebenbei noch etwas lernen, das die Eltern für wichtig erachten, schön. Spielen ist Lernen. Solange das Kind ein gutes Gefühl dabei hat, spricht nichts gegen die Verwendung von Fördermaterialien. Alles, was Kinder unter Spaß erwerben, verfestigt sich in ihrem Gehirn. Aber: Je offensichtlicher das Spiel auf schulische Fähigkeiten abzielte, desto eher verlieren Kinder daran das Interesse – das zeigt zumindest eine Studie aus Göttingen. Allerdings: Den minimalen Vorsprung, den Kinder so in die Schule mitbringen, verlieren sie nach wenigen Wochen, denn dann sind jene Kinder, die im Matsch gespielt haben, genauso weit. Beim Spielen wird gelernt, immer.

Holz

Der Trend „regional, natürlich und hohe Qualität“, wie er in der Foodbranche längst überhandgenommen hat, betrifft auf den Spielzeugmarkt. Eltern greifen für ein regionales Produkt aus Holz gerne tiefer in die Tasche und lassen sich das Spielzeug für ihren Sprössling gerne etwas mehr kosten. Holzspielzeug ist aber keinesfalls immer der Good cop unter den Spielzeugen, denn auch hier kommen Verarbeitungsmängel vor. Sie sind also nicht immer die bessere Wahl.

Industrie

Der Spielzeugmarkt ist ein knallhartes Geschäft und die Kinder sind die Kunden von morgen. Während andere Branchen über den Geburtenrückgang und die Finanzkrise ächzen, spürt die Spielzeugindustrie kaum etwas davon. Ein Stillstand ist im Spielzeuggeschäft verboten – wer nicht mithält, sich keine neuen Produkte einfallen lässt, bleibt auf der Strecke. Lego ist das so ein Beispiel, das gerade noch die Kurve kratzte. Es geht immer darum, eine neue Nische zu finden, die die Kassen füllt. Monster High war so eine Nische, um auch den Teenies das Puppenspiel interessant zu machen (und besser Zahlen zu schreiben). Spielzeug hat im ersten Step wenig mit pädagogisch wertvoll gemeinsam, sondern es geht um Wirtschaftsinteressen, um Zahlen, um Produktionsbedingungen (manchmal auch Kinderarbeit) und von früher Markenbindung. Denn die Kinder von heute sind die Kunden von morgen.

Prägung

Psychologen sind davon überzeugt, dass das Spielzeug unsere Kinder prägt – so wie alles prägt, was eine emotionale Komponente hat. Das bedeutet aber nicht, dass Kinder, die eine Vorliebe für Spielzeug „Made in China“ haben, im späteren Leben dem Staat auf der Tasche liegen – diese Relation funktioniert nicht. Spielen macht nicht mehr, als die Grundbedürfnisse des Kindes zu befriedigen – deswegen werden Bausteine, Bälle, Puppen und Kuscheltiere immer den größten Einfluss auf unsere Kinder haben, auch, wenn sich in die Kinderzimmer mehr Technik mischt. Eltern sollten sich aber vor Augen halten, dass Spielzeug nicht  mehr prägt, als auch der Rest der Welt, das Umfeld, die Freunde, die Werbung, die Nachrichten…..

Relaxen

Da sind wir auch schon beim nächsten Punkt: Relax! Nicht jedes Spielzeug, das wir als nicht pädagogisch wertvoll empfinden, zerstört die Kinderseele. Kinder sollen einfach spielen dürfen. Eine große Vielfalt macht es aus. Oder was ist so schlimm daran, wenn sich Mädchen mit ihren rosa Glitzerpferden und Regenbogenmähne am Nachmittag zum Spielen verabreden und in ihre Fantasiewelt eintauchen? Gar nichts. Dieses Kind wird ebenso gut wissen, dass Pferde nicht rosa sind und Kühe auch nicht lila. Kinder haben ein Recht auf ihre eigene Spielwelt und da sollten sich Erwachsene raushalten. Erinnern wir uns doch selbst zurück, als wir als Kinder Räuber und Gendarm gespielt haben oder einen Stock zu einer Schusswaffe umfunktionieren. Nur weil Kinder schießen spielen, werden sie nicht gleich zu Serienkillern. Aggressionen gehören zu Kindern dazu und sie leben diese im Spiel aus.

Geschlecht

Nirgendwo herrscht so viel Geschlechtertrennung wie im Kinderzimmer. Werden Buben mit einem Bagger-Gen geboren und Mädchen mit einer Vorliebe zu rosa? Oder wollen sie genau diese Spielsachen haben, weil sie ihnen angeboten werden?
Ja, Kinder wollen die Welt verstehen und wollen ihren Platz finden. Da sind die unterschiedlichen Geschlechter ein erster Anhaltspunkt. Kinder sind immer Forscher und Entdecker, egal ob sie einen rosa oder einen hellblauen Body tragen. Sie lieben Spielzeug, bei dem es viel zu entdecken gibt.

Doch kann 100% geschlechtsneutral funktionieren? Nein. Kinder leben ja nicht hinter dem Mond. Sie erfahren in ihrer Umgebung mehr von den unterschiedlichen Geschlechterrollen als von der Lillifee. Und dennoch kann ein Mädchen, das mit Leib und Seele in die Lillifee-Welt abgetaucht ist, später einmal Vorstand eines großen Unternehmens werden. Was vielen Eltern aber sauer aufstößt ist das Gesellschaftsbild, das Lillifee und Bob-der-Baumeister darstellen: Der Mann, der starke, der alles regelt. Und die Frau, die mit ihren Haaren und ihrem Outfit beschäftigt ist. Kinder sind nicht festgelegt, sie haben immer Optionen. Ist es also schlimm, wenn Mädchen Prinzessin spielen? Nein, es ist nur dann schlimm, wenn die Umgebung dem Kind gar keine andere Wahl mehr lässt. Deshalb können Barbies und Filly-Pferde wunderbar neben Werkbänken und Eisenbahn leben.

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