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Väter sind die wahren Helden, oder? Gehen sie in Elternteilzeit, nehmen sie sich einen Tag Pflegefreistellung wenn das Kind krank ist oder verbringen sie einen Nachmittag mit ihnen am Spielplatz, dann sind sie Helden, nein: sie sind die SUPERhelden der Nation.
Als unsere Kinder klein waren, beobachtete ich ein lustiges Phänomen: Wenn mein Mann den Kinderwagen geschoben oder unsere Kinder im Tragetuch getragen hat, dann erntete er dafür verliebte Blicke fremder Frauen. Er wurde angelächelt, fast angeschmachtet und er wurde dafür gelobt. Wenn mein Mann am Wochenende ein paar Stunden mit dem Kindern am Spielplatz verbrachte und ich davon meinen Freundinnen erzählte, sagten sie mir, was für einen tollen Mann ich da doch hätte. Vor allem bewunderten sie, dass er alle drei Kinder gleichzeitig mitnahm. Alle drei! Gleichzeitig! Wow…….Wenn mein Mann die ganz normalen Aufgaben des Eltern-Seins übernahm wie tragen, füttern, wickeln, etc., dann bekam er dafür Anerkennung, ja sogar Lob. Er wurde dafür gelobt, dass er seinen Vaterpflichten nachkam. Ich hingegen? Ich habe von Lob und Anerkennung wenig gespürt. Schließlich ist es ja mein Job als Mutter, es ist eine Selbstverständlichkeit und es wird einfach angenommen, dass ich diese Aufgaben auch erfülle.
Wickeln ist nicht nur Aufgabe der Mutter
Für die gleiche Leistung in der Kindererziehung wurde mein Mann deutlich mehr gelobt als ich, ja, Väter werden sogar in den Himmel gehoben, als Superdaddys gefeiert. Fair ist es aber nicht, denn als Mutter würde ich mich auch freuen, wenn ich mich nicht ständig für meine Entscheidungen rechtfertigen müsste, sondern auch einfach mal so über den grünen Klee gelobt werde. Ich würde mich auch über Anerkennung freuen, dass ich neben der Kindererziehung 30 Stunden arbeite, dass ich mich um den Haushalt kümmere, jeden Abend frisch koche, unser Familienleben organisiere und nicht nur darauf achte, dass ich die Kinder von A nach B bringe, sondern auch darauf achte, dass am Abend wieder alle zu Hause sind. Doch warum werden Frauen dafür nicht gelobt?
Du ahnst es schon:
Dass Frauen sich um diese Dinge kümmern ist eine Selbstverständlichkeit. Klingt komisch, ist aber so.
Leider.
Nur, ich kann es nicht mehr hören. Ich kann nicht mehr hören, wenn mir jemand sagt, es ist doch mein Job als Mutter oder ich hätte es mir ja so ausgesucht.
Ja, es ist mein Job das Kind zu gebären, es zu stillen, zu tragen, mich seiner Bedürfnisse anzunehmen und um das Kind zu kümmern. Aber außer dem Gebären und dem Stillen sehe ich da nichts, was nicht auch der Vater übernehmen könnte. Nach 2 Wochen Urlaub nach der Geburt kehrt dieser in sein Berufsleben zurück – nimmt er sich dann Elternteilzeit oder geht er sogar in Karenz, beglückwünscht scheinbar die ganze Welt ihn für seine Aufopferung und seinen Mut.
Die Superdaddys in den Medien
Erst Anfang 2016 gab es so einen „Aufreger“: Sigmar Gabriel, SPD-Chef, Vizekanzler, Bundeswirtschaftsminister in Deutschland und Vater nahm sich frei, um sich um seine Tochter zu kümmern, die an Scharlach erkrankt war. Herr Gabriel tat also nichts anderes als viele Mütter täglich: Er nahm sich frei, um sich um sein krankes Kind zu kümmern – nur ich habe noch nie davon gelesen, dass eine derartige Meldung in den Medien war, wenn eine Frau eine Pflegefreistellung beantragt hat. Ja, es ist eine PflegeFREISTELLUNG, kein PflegeURLAUB. Als ich 2010 sechs Wochen Feuchtblattern mit zwei Kindern neben einem 25-Stunden-Job irgendwie organisieren und überbrücken musste, kam keine Meldung in der Zeitung. Oder ich habe sie überlesen, weil ich gar nicht mehr dazukam, irgendetwas anderes zu tun.
Aber ist es wirklich falsch, den modernen Vätern Jubel und Applaus zuzuwerfen, wenn sie ihren Pflichten nachkommen? Ja, sagen wir. Bleibt der Vater für ein paar Tage zu Hause, kümmert er sich um sein Kind, dann opfert er sich nicht auf und nimmt sich auch keine Auszeit von seiner eigentlichen Bestimmung, dem Job. Er nimmt kein Leid auf sich und er ist auch kein Held. Und es gebührt im dafür auch kein Applaus. Nein, Mark Zuckerberg hat nicht eine Milliarde Likes verdient, nur weil er seiner Tochter die Windeln wechselt.
Wenn wir wollen, dass sich die Norm innerhalb der Gesellschaft ändert, dann müssen wir damit aufhören, Väter für Selbstverständlichkeiten zu heroisieren.
Wann ist ein Mann ein Mann?
Männer wie Mark Zuckerberg und Sigmar Gabriel stehen für eine ganze Generation an Männern, die ihre Aufgabe als Vater nicht darin beschränkt sehen das Kind am Wochenende für eine halbe Stunde zu bespaßen, sondern sie stehen für die modernen Väter, die sich an der Erziehung und der Pflege des Nachwuchses aktiv beteiligen. Dafür werden sie in den Medien wie Helden gefeiert, die Superdaddys schlechthin. Ein wenig bekommt man das Gefühl, es hätte sich nichts geändert seit den Zeiten, als man noch froh sein musste, dass der Mann das Baby nicht fallen lässt oder es erdrückt.
Dass die modernen Väter jedoch so große Aufmerksamkeit bekommen, egal ob von anderen Frauen auf dem Spielplatz oder in den Medien zeigt nur deutlich, dass es eben noch immer eine Besonderheit IST, wenn sich der Vater nicht nur am Wochenende mal auf dem Fußballplatz blicken lässt, sondern auch im „Alltagsgeschäft“ mithilft.
Gleichberechtigung steckt noch in den Babyschuhen
„Bist du aber ein guter Papa“ – diesen Satz hat mein Mann schon öfters gehört. Und es stimmt auch: Er stand nachts auf um zu wickeln und zu trösten, er schupfte den Haushalt, er nimmt mir die Kinder ab, wenn ich einmal eine Pause brauche, er geht mit ihnen zum Zahnarzt, verarztet kleine Wehwehchen, kocht die besten Linsen der Welt, er liest ihnen vor, er bügelt ihre Wäsche, er geht auch mal einkaufen oder schwingt den Staubsauger durch die Wohnung, er nimmt sie mit zum Reifenwechseln, er baut mit ihnen ein Vogelhäuschen und zeigt ihnen, wie man ein Lagerfeuer macht. Ich liebe es, ihn zusammen mit seinen Kindern zu sehen.
Warum wird bei Männern besonders betont, dass sie tolle Väter sind, obwohl sie nur Windeln wechseln oder nur die Flasche richtig temperiert zubereiten? Und ja, ich schreibe bewusst „nur“, denn es ist nichts Herausragendes. Es ist keine Heldentat. Die Gleichberechtigung in Sachen Kinderbetreuung und Erziehung steckt noch in den Kinderschuhen – deswegen darf sie auch noch ein wenig gehätschelt werden, damit es irgendwann einmal nicht mehr notwendig ist. Irgendwann sind Väter, die Elternteilzeit nehmen, in Karenz gehen und sich nach 16 Uhr keine Termine mehr eintragen, Normalität. Hoffentlich.
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