Aufklärung: Mama was ist Sex?

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Sexuelle Aufklärung – wie sage ich es bloß meinem Kind? Eine Frage, die viele Eltern gerne immer weiter hinausschieben, weil es irgendwie „peinlich“ ist. Das muss es aber nicht sein.

Kinder sind sexuelle Wesen. Das klingt im ersten Moment ungewöhnlich und befremdlich, doch ihre Sexualität unterscheidet sich von jener der Erwachsenen. Babys verfügen über ein lustvolles Empfinden, etwa beim Nuckeln an der Brust oder beim Saugen am Schnuller. Mit zunehmendem Alter merken Kinder den Unterschied zwischen Buben und Mädchen und beginnen, sich selbst und andere Kinder zu erforschen. Die klassischen „Doktorspiele“ werden beliebt.

Spätestens wenn sich ein Geschwisterchen ankündigt, ist das Interesse an Sexualität, an Fortpflanzung und zum Verlauf der Schwangerschaft aktuell. Für viele Familien stellt die sexuelle Aufklärungsarbeit eine große Herausforderung dar. Es geht um weit mehr als die Erklärung, wie Babys gemacht werden. Kinder sollen ihrem Alter entsprechend auf ihr sexuelles Leben vorbereitet werden. Sie müssen ihren Körper kennen lernen und dabei auf die Unterstützung und Begleitung ihrer Eltern zählen können.

 

Mama, was ist Sex?

Wenn Kinder zum ersten Mal danach fragen, was Sex ist oder ihre Eltern dabei erwischen, dann kann man richtig sehen, wie sich langsam die Schweißperlen auf der Stirn bilden. Wenn es um das Thema Aufklärung geht, fühlen Eltern sich gehemmt, sind unsicher und suchen nach den richtigen Worten. Doch muss das sein?

Der einfachste Weg ist Offenheit. Steh deinem Kind Rede und Antwort und beantworte seine Fragen. Sei ehrlich, wenn du nicht gleich die richtige Antwort parat hast und wenn dein Kind dich gerade in der überfüllten U-Bahn danach fragt, was bumsen bedeutet, dann sag deinem Kind ehrlich, dass du es ihm zu Hause erklären wirst. Niemand verlangt, dass die Fragen der Kinder an Ort und Stelle beantwortet werden – ein Aufschub darf sein. Sag deinem Kind aber nicht „Dafür bist du noch zu klein“. So bleibt dein Kind mit seinen Fragen alleine und lernt: Mama sagt es mir nicht. Irgendwann wird es sich seine Informationen auf anderen Wegen beschaffen – ob dann aber pornografische Inhalte der richtige Zugang sind?

 

Aufklärung ist mehr, als über Sex reden

Sex ist für Kinder heute allgegenwärtig und durch internetfähige Handys auch schnell zugänglich. Irgendwann wird der Moment kommen, wo sich Kinder als „Mutprobe“ am Handy pornografische Inhalte anschauen. Die Aufklärung und das Vorbild der Eltern sind wichtiger denn je. Mit dem klassischen „Aufklärungsgespräch“ ist es nicht getan. Denn bei der Aufklärung geht es um mehr als um den rein technischen Geschlechtsakt und die Erklärung, wie es zu einem Baby kommt.  Es geht um ein Gefühl

  • für den eigenen Körper,
  • die eigenen Grenzen und
  • die eigenen Erfahrung.
  • Und auch darum, Nein zu sagen.

Eltern können ihr Kind von Beginn an dabei begleiten. Schon als Baby können sie die Körperteile des Kindes richtig benennen, sie können ihr Kind mit ihrem eigenen Körper vertraut machen und ihm vermitteln, dass der eigene Körper wertvoll und besonders ist. Bei der Aufklärung geht es nicht nur um wichtige Informationen zu richtigen Zeit, sondern das Hauptaugenmerk liegt darauf, dem Kind einen positiven Zugang zu seinem Körper zu vermitteln.

Statt Bezeichnungen wie Pullermann, Spatzi oder Muschi zu verwenden, sollten Eltern ihren Kindern die richtigen Bezeichungen, also Penis und Vagina/Scheide vermitteln. Die Nase heißt ja auch Nase und nicht Nono, oder?

 

Was soll mein Kind im Volksschulalter wissen?

Wer sich an den Fragen des Kindes orientiert, ist auf einem guten Weg. Kein Kind erwartet bei der Frage nach Sex minutenlange detaillierte Vorträge, sondern es möchte eine einfache und klare Antwort. Das Thema Sex und Sexualität beginnt aber nicht erst mit der sexuellen Reifung in der Pubertät, sondern schon viel früher.

Wenn das Kind in die Schule kommt, sollte es wissen, wie die Geschlechtsorgane von Frauen und Männern aussehen. Es sollte wissen, dass die Kinder nicht vom Storch gebracht werden und die Geschichte von den Blümchen und Bienchen sollte der Realität gewichen sein. Kinder dürfen wissen, woher Babys kommen und wie sie gezeugt werden. Haben sich Kinder bis zu diesem Alter noch nicht für dieses Thema interessiert, dann können auch Eltern den Anstoß für ein Gespräch darüber geben.

Es geht bei der Aufklärung nicht nur um Wissensvermittlung, sondern um Vorbildwirkung und ein Gefühl, für seinen Körper und seine Grenzen.

 

Aufklärung: So gelingt sie

Aufklärung und Sexualität beginnt nicht erst bei der Unterscheidung zwischen Bub und Mädchen – es beginnt bereits in der ersten Stunde. Babys sammeln in ihrem Alltag mehr oder weniger angenehme körperliche Erfahrungen. Sie spüren die Wärme an der Brust, sie saugen an der Brust und empfinden das als beruhigend und befriedigend, sie spielen mit ihren Geschlechtsteilen und entwickeln dabei lustvolle Gefühle. Unsere Kinder sind sexuelle Wesen.

Jeder Blick, jede Berührung, jedes tröstende und mitfühlende Wort ist Aufklärung:

  • Alles, was einem Kind das Gefühl von Geborgenheit, Wärme, Sicherheit und Vertrauen gibt, hat mit sexueller Aufklärung zu tun. Es sind die vielen Alltagssituationen, die Anerkennung, die Zuwendung, die Kinder dabei unterstützen, ihre jeweilige Geschlechtsrolle zu erfahren, zu üben und sich abzugrenzen.
  • Kinder müssen erfahren, dass ihr Körper und ihre Gefühle respektiert werden. Möchte ein Kind gerade nicht umarmt werden, ist das ok. Wenn es nicht mehr gewickelt werden will, müssen andere Wege gefunden werden. Möchte das Kind beim Duschen alleine sein, dann müssen Eltern seine Privatsphäre respektieren. Wünschen sich Kinder, dass zuerst angeklopft wird, bevor die Eltern ins Zimmer kommen, dann ist das in Ordnung. Kinder mit Respekt zu behandeln und sie auf ihrem Weg zu begleiten und nicht zu ziehen, ist grundlegend für ein gutes Gefühl für sich selbst.
  • Kinder müssen ihren Körper positiv erfahren und ein gutes Gefühl zu ihm aufbauen – dabei geht es auch um das Äußere. Sieht ein Mädchen, wie unzufrieden ihre Mama mit ihrem Körper ist, wird sie viel von diesem Verhalten übernehmen. Hier kommt wieder die Vorbildwirkung ins Spiel – wie sollen Kinder sich und ihren Körper annehmen können, wenn wir als Erwachsene einem vermeintlichen Ideal hinterherjagen? Kinder dürfen sich anfassen, an Gegenständen reiben und sich selbst entdecken – sie müssen nur lernen, wann sie ihre Lust ausleben dürfen. In der Öffentlichkeit ist dafür nicht der richtige Platz.
  • Kinder müssen erfahren, dass Lust etwas Gutes ist und nichts Schlechtes. Das beginnt beim Saugen an der Brust oder am Schnuller, beim Essen, beim Spielen und auch beim Kuscheln. Lust auf etwas zu haben, macht unser Leben schöner und ist nichts, was unterdrückt werden muss.
  • Kinder brauchen eine vertrauensvolle Beziehung. Wenn sich ein Kinder sicher und geboren fühlt, wenn seine Bedürfnisse innerhalb der Familie erfüllt werden, dann wirken sich diese Erfahrungen nicht nur positiv auf seine Bindungsfähigkeit und seine späteren Beziehungen aus, sondern auch auf seine Sexualität.

 

Doktorspiele: Hilfe, mein Kind fasst sich an!

Hilfe? Nein. Es ist gut, wenn das Kind seinen Körper erforscht und entdeckt. Wie soll es denn sonst eine positive Beziehung zu ihm aufbauen? Eine Beziehung entsteht nicht nur zwischenmenschlich durch Berührung, sondern auch zu sich selbst. Doktorspiele sind entwicklungsbedingt normal und kein Grund, sich Sorgen zu machen. Kinder entdecken dann gerne in Kuschelecken, was der oder die andere hat, greifen hin, schauen sich an, legen sich aufeinander und wackeln herum. Wenn diese Spiele in gegenseitigem Einvernehmen geschehen und unter Kindern die sich mögen, besteht kein Grund zur Beunruhigung. Möchte ein Kind bei diesen Spielen aber nicht mitmachen und wird dazu „gezwungen“, dann muss unbedingt eingeschritten werden.

 

 

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